"Manche Typen finden mich eklig"
Die Frau sticht nicht nur ins Auge: Kat von D wurde mit ihrer TV-Show "L.A. Ink" zum Star der amerikanischen Tattoo-Szene. Im SPIEGEL-ONLINE-Interview erzählt sie von ihrer Liebe zu Beethoven, ihrem Image als Sexsymbol und von der schwierigsten Kundin: ihrer Mutter.
SPIEGEL ONLINE: Kat von D ist die Abkürzung für Katherine von Drachenberg...
Kat von D: Ja, meine Großmutter väterlicherseits ist Deutsche. Irgendwo in Süddeutschland gibt es sogar eine Burg dieses Namens, die - soweit ich weiß - noch in Familienbesitz ist!
SPIEGEL ONLINE: Auf Ihrer Myspace-Webseite findet sich Beethoven neben Death-Metal-Bands und Dolly Parton. Wie passt das zusammen?
Kat von D: Meine deutsche Oma Klara war Konzertpianistin und brachte mir klassisches Klavier bei, als ich sieben war. Ich besitze drei Flügel und habe - wie sie - eine Vorliebe für Beethoven, weil der ein so hoffnungsloser Romantiker war! Und Dolly Parton? Nun, als meine Mutter in die USA kam, sprach sie kein Wort Englisch. Also kaufte mein Dad ihr Platten: Johnny Cash, Elton John - und eben Dolly Parton. Die hörten wir von morgens bis abends, damit meine Mutter so Englisch lernen konnte. Ich mag Dolly, weil sie extrem ist - große Brüste, große Frisur, großes Make-up. Aber dabei total selbstironisch!
SPIEGEL ONLINE: Ihre Reality-Show, die jetzt auch in Deutschland zu sehen ist, läuft bereits seit August mit Riesenerfolg in den USA. Wollen Sie eine Lanze für Frauen im Tattoo-Metier brechen?
Kat von D: Nicht direkt. Aber das Fernsehen ist ja eher von Leuten mit Sex-Appeal als von solchen mit Talent fasziniert. Eigentlich mache ich das also, weil sie sonst eine Frau angeheuert hätten, die nicht gut im Tätowieren ist, und die dann mich repräsentiert hätte. Nein, danke.
SPIEGEL ONLINE: Wann haben Sie mit dem Tätowieren angefangen?
Kat von D: Mit 14. Ich hing damals mit Punkrock-Kids rum. Einer davon tätowierte uns andere bei sich zu Hause. Eines Tages sagte er: Hey, du kannst doch so gut zeichnen, willst du mir nicht ein Tattoo machen? Okay, sagte ich. Seither ist wohl kein Tag vergangen, an dem ich nicht tätowiert hätte.
SPIEGEL ONLINE: Was fasziniert Sie daran so?
Kat von D: Ich habe immer schon gemalt und gezeichnet. Und beim Tätowieren entsteht eine Verbindung zwischen dir und einem Klienten. Immerhin wählt dich jemand aus, um einen sehr einschneidenden Eingriff vorzunehmen. Die Leute tragen das ja für den Rest ihres Lebens.
SPIEGEL ONLINE: Wer kommt zu Ihnen?
Kat von D: Wir haben alles: von dem Mädchen, das gerade 18 geworden ist, bis hin zur 80-jährigen Oma. Die Leute kommen, und jeder hat dann eine Geschichte zu erzählen. Die wollen ein Zeichen auf ihrem Körper, das sie an eben diese Geschichte erinnert.
SPIEGEL ONLINE: Sie selbst tragen Tattoos am ganzen Körper. Haben Sie schon mal eines bereut?
Kat von D: Ich habe ein paar ziemlich schlechte aus der Zeit, als ich noch nicht volljährig war und die Profis mich deswegen alle wegschickten. Aber jedes dieser Tattoos ist eine Art Meilenstein meiner Biografie. Mich nervt allerdings, den Namen meines Ex-Mannes auf dem Körper zu tragen.
SPIEGEL ONLINE: Der Schriftzug "Oliver" an Ihrem Hals?
Kat von D: Ja. Wenn mich mein Freund Alex "Orbi" Orbison auf den Hals küsst, winde ich mich geradezu, weil mein Ex-Mann immer noch da ist. Ich werde ihn mir weglasern lassen.
SPIEGEL ONLINE: Ist das nicht ein Grundproblem mit Tattoos, dass Lover und Lieblingsbands im Laufe des Lebens wechseln?
Kat von D: Klar. Was man mit 14 Klasse findet, findet man hoffentlich nicht mehr scharf, wenn man...15 ist! Trotzdem mag ich meine alten Tattoos, auch die schlechten. Schwieriger sind die, die ich mit Leuten assoziiere, mit denen ich nicht mehr klarkomme.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie ein Lieblingstattoo?
Kat von D: Ich mag die Sterne in meinem Gesicht sehr. Ich bin ein großer Mötley-Crüe-Fan, und "Starry Eyes" von ihrer ersten Platte ist mein Lieblingslied. Ich habe mit einem Stern angefangen und immer neue dazugefügt. Ich mag sie auch, weil es mir wichtig ist, als Frau stark tätowiert zu sein und mich trotzdem weiblich zu fühlen.
SPIEGEL ONLINE: Sie haben das Image eines Hardcore-Sexkittens. Mögen Sie das?
Kat von D: Das ist merkwürdig. Ich sehe mich nicht als Sexsymbol. Ich glaube aber, dass hier mit einem Klischee gebrochen wird. Es gab vorher keine stark tätowierten, prominenten Frauen. Und ich glaube, dass es manche Leute immer noch erschreckt. Manche Typen finden mich eklig.
SPIEGEL ONLINE: Ihre Eltern sind einst als christliche Missionare durch Lateinamerika gezogen. Wie haben sie auf Ihren Job reagiert?
Kat von D: Es hat zehn Jahre gebraucht, um ihnen klar zu machen, dass ich nicht nur eine Phase durchmache. Besonders mein Vater hoffte, dass ich da rauswachsen und meine Schulbildung abschließen würde. Ich habe ihm gesagt: Nein, Dad! Das ist ein Lebensstil! Das war mit ein Grund, warum ich mir mein Gesicht tätowiert habe. Ich wollte damit vor mir und der Welt sagen: Das bin ich, so werde ich bleiben.
SPIEGEL ONLINE: Hat die Sendung die Haltung Ihrer Eltern verändert?
Kat von D: Oh, ja. Inzwischen sind meine Eltern glücklich mit dem, was ich tue. Und das hat sicher mit meiner Show zu tun. Meine Eltern dachten früher bei Tattoos an Drogen und Knast. Aber jetzt sehen sie, dass sich alle möglichen Leute tätowieren lassen, und dass jeder einen sehr persönlichen Grund dafür hat. Nach der ersten Episode rief mich mein Vater an und sagte: Kathy, ich hatte ja keine Ahnung, was du wirklich tust.
SPIEGEL ONLINE: Wer war Ihr bisher schwierigster Kunde?
Kat von D: Meine Mutter. Sie wollte ein Tattoo aus einer Lotusblüte und einem Schmetterling auf ihrem unteren Rücken – eine sehr sinnliche Stelle. Und wer will seine Mutter schon mit Sexiness assoziieren? Auf der anderen Seite war ich hin und weg, dass sie überhaupt ein Tattoo haben wollte. Und dann auch noch von mir!
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